Dienstag, 27. September 2022

Geistliches Wort für den Oktober

Bild: Stanislaus Klemm in pfarrbriefservice.de

Ahornsamen
In der Mitte der Kern
Der neues Leben bringt
Mit zwei Flügeln gehalten
Schraubt sie sich durch die Luft
Zum Boden
Ein Gleichgewicht
Von Links und Rechts
Zwei Seiten
Einer Einheit
Leben ist nicht einfach
Ist immer zweifach
Ein Ausgleich
Zweier Gegensätze
Die nur in Balance zueinander
Gelungenes Leben schaffen
Zusammenschau von Augenschein und Wirklichkeit
Einklang von Eindruck und Wahrheit
Einheit von Glauben und Wissen
Wahrheit für alle
Die auf einem Auge blind
Auf einem Ohr taub geworden sind.

Ahornsamen
Wie zwei Lippen eines Mundes
Der Versöhnung bringt.

Text und Bild: Stanislaus Klemm, in pfarrbriefservice.de


Liebe LeserInnen unseres Pfarrbriefes und unserer Internetseite

Als ich dieses Bild und den dazugehörenden Text von Stanislaus Klemm aus dem Pfarrbriefservice fand, fiel mir sofort unsere gegenwärtige Situation der Kirche ein, in der wir uns als Christen, besonders als Katholiken gerade befinden.
Im September endete die 4. Synodalversammlung des Synodalen Weges in Deutschland mit einigen wichtigen Beschlüssen. Gleich der erste Text „Leben in gelingenden Beziehungen- Grundlinien einer erneuerten Sexualethik“ hatte nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit der Bischöfe erhalten. Daraufhin hatte ein Teil der Synodalen unter Protest die Versammlung verlassen, kehrte aber am Folgetag zurück.
„In der Mitte der Kern. Der neues Leben bringt. Mit zwei Flügeln gehalten“
Ja es sind wohl wirklich 2 Flügel bei diesem Prozess des Einübens in synodales Denken und Arbeiten. Die Seite der Bischöfe, die für alle Entscheidungen eine 2/3-Mehrheit brauchen und die Seite der Laien. Und zwischen diesen beiden Flügeln der Kern, die Mitte, die das Leben bringt – Jesus und seine befreiende Botschaft – der Mensch.
Viele sprechen von links und rechts, von offenen und tauben Ohren, von offen Bekennenden, aber auch von schweigend Zurückhaltenden. Und doch meint Bischof Bätzing, Präsident des Synodalen Weges, dass Diskurs, Debatte und Dynamik möglich sind. Das Wichtigste sei, beisammen zu bleiben. Synodalität ist Ausdruck von verschiedenen Meinungen. Eben von links und rechts.

Für mich war diese letzte Synodalversammlung mit all ihren teilweise sehr emotionalen Beiträgen und Entscheidungen ein ganz wichtiger und weitere Schritt für meine Kirche, die neue Wege versucht zu gehen. Ich bin sehr froh und dankbar, dass gerade unsere beiden Bischöfe aus Speyer, Bischof Wiesemann und Weihbischof Georgens, mit einem gemeinsamen Statement erklärt haben, dass sie entschieden weiter den Weg der Erneuerung gehen wollen.
Bischof Wiesemann: „Ich kehre trotz des schwierigen Beginns ermutigt und bestärkt von der IV. Synodalversammlung des Synodalen Weges zurück. Dass der Grundtext „Leben in gelingenden Beziehungen“ in den Reihen der Deutschen Bischofskonferenz nicht die notwendige Mehrheit gefunden hat und damit von der Synodalversammlung nicht verabschiedet werden konnte, habe ich so nicht erwartet und hat mich auch persönlich enttäuscht. Allerdings sollte man auch sehen, dass 62% der Bischöfe zugestimmt haben und dieser Text in der kommenden DBK-Herbstversammlung noch einmal intensiv beraten wird und deshalb nicht einfach verlorengeht.
Für mich markiert dieser Text eine notwendige Fortentwicklung der kirchlichen Lehre: weg von einer rigiden, teilweise sogar diskriminierenden Sexualmoral hin zu einer Beziehungsethik, die naturwissenschaftliche Erkenntnisse aufgreift, die Lebenswirklichkeit der Menschen in den Blick nimmt und die positiven Werte in anderen Beziehungsformen neben der sakramentalen Ehe von Frau und Mann wertschätzt. Deshalb haben Weihbischof Georgens und ich diesem Text aus tiefer Überzeugung zugestimmt. In meinem Bistum wie auch in der Deutschen Bischofskonferenz werde ich mich dafür einsetzen, dass wir nach der Ablehnung der Textvorlage dennoch entschieden auf dem Weg weitergehen, den uns dieser Text weist.“

Als Seelsorger stärkt mich mein Bischof weiterhin, in unserer Pfarrei entschlossen die Themen der bereits beschlossenen und den noch folgenden Themen nachzugehen und im Alltag umzusetzen. Gemeinsam im Seelsorgeteam, aber auch mit den vielen Ehrenamtlichen in unseren Gemeinden. Ich glaube schon, dass wir das Bild vom Ahornsamen nicht ganz aus dem Blick verlieren sollten: denn Rechts und Links, taube Ohren und blinde Augen, Augenschein und Wirklichkeit, Glaube und Wissen gehören zu einer Mitte, zum Kern: zu Jesus und seine befreiende Botschaft – der Mensch.
Es wird weiterhin spannend bleiben, wie sich so manches Thema in der Weltkirche präsentieren wird. Für manche wird es weiterhin zu langsam vorangehen, für manche ist der Prozess zu schnell und nicht differenziert genug. Es werden weiterhin viele Unstimmigkeiten unter den Bischöfen sein und so manche und mancher wird sich aus seinem ehrenamtlichen Engagement zurückziehen, aus welchen Gründen auch immer. Auch aus unseren eigenen Reihen.

Ich wünsche mir persönlich, meinen MitstreiterInnen im Ehrenamt und im Kirchendienst:
„In der Mitte der Kern - Der neues Leben bringt“.
Jesus und seine befreiende Botschaft – der Mensch.

Ihr Seelsorger Pfr. Marco Gabriel